Dort nahmen die Schüler_innen in Begleitung von Herrn Hoppenstedt an einer Führung teil, die das Goldene Zeitalter unter Kaiser Augustus, sowie dessen Person selbst, zum Thema hatte. Da eben dies auch den thematischen Schwerpunkt des Lateinunterrichts in 12/1 dargestellt hatte, markierte der Vortrag nicht nur den Abschluss dieses Kapitels, sondern gestaltete sich auch besonders mit Hinblick auf das immer näher rückende Abitur als inhaltlich sehr relevant.
Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung, in der unser Führer Herr Hofstätter über das Museum selbst und die darin ausgestellte Sammlung antiker Skulpturen sprach, begab sich der Kurs in den zweiten Stock des Gebäudes. Dort begann man, die geschichtlichen Ereignisse, die der Herrschaft des Augustus vorausgegangen waren, gemeinsam zu rekonstruieren. Dabei wurde besonders der Werdegang des späteren Kaisers, anfänglich noch Oktavian genannt, näher beleuchtet. So erfuhren die Schüler:innen, wie dieser nach der testamentarisch verfügten Adoption als Caesars Haupterbe auf einmal nicht nur über dessen Reichtümer, sondern als neuer Patron auch über die Unterstützung der ehemaligen Klienten des Caesars verfügt hat. Da ihm dies zu einer enormen Machtposition verholfen hat, hat er trotz seines jungen Alters Anspruch auf die Herrschaft über Rom geäußert. Letzten Endes ist es ihm tatsächlich gelungen, aus den Machtkämpfen, die den Jahren nach der Ermordung Caesars folgten, als Sieger hervorzugehen, sodass er vom Jahre 31 v. Chr. an die Alleinherrschaft über Rom besessen hat.
Mit dem neu gewonnenen Hintergrundwissen wandte sich die Führung nun dem eigentlichen Höhepunkt zu: einem Gipsabguss der Augustusstatue von Primaporta, deren Original sich heute in den Vatikanischen Museen in Rom befindet. Jene war zuvor bereits in einigen Lateinstunden zur Sprache gekommen und sogar schon flüchtig behandelt worden, jedoch nie in einem vergleichbar ausführlichen Maße.
Gemeinsam erarbeitete man zunächst die Auffälligkeiten in Haltung, Mimik und Gestik der Statue, wobei man bereits bemüht war, geschichtliches Vorwissen mit einzubeziehen. Besonders ins Auge sprang von Beginn an die Abbildung des Eros, der zu Augustus’ Füßen auf einem Delphin reitet. Eros ist Sohn der Venus, die ebenfalls als göttliche Stammmutter des Hauses der Julier gilt. Da Augustus als Adoptivsohn des Caesars ebenfalls dem Juliergeschlecht entstammt ist, betont die Abbildung des Eros die bestehende Verbindung zwischen Augustus und den Göttern und hebt damit seine göttliche Legitimation als Kaiser hervor.
Mit besonderer Aufmerksamkeit widmete sich der Kurs auch der Betrachtung des Reliefs auf dem Brustpanzer der Statue. Dieses bildet im Ganzen mehrere historische und mythische Figuren ab, wobei jeder Figur eine tiefere Bedeutung zugeordnet werden konnte. Um sich diese jeweils zu erschließen, betrachtete man im Plenum alle Figuren nacheinander näher und versuchte, ausgehend von äußeren Merkmalen auf die Person zu schließen, die jeweils abgebildet war.
Klar unterscheiden konnte man dabei zwischen den Darstellungen römischer Gottheiten und den Figuren, die symbolisch für damalige historische Begebenheiten stehen. Zu ersteren zählen mitunter auch der Himmelsgott Caelus, der das Himmelszelt ausbreitet, außerdem der Sonnengott Sol, sowie dessen zwei Schwestern Aurora und Luna, Göttinnen der Morgenröte und des Mondes. Die Darstellung all dieser Gottheiten ließ das Bild einer immer wiederkehrenden Reihenfolge von Tag und Nacht entstehen. Als man sich gemeinsam bemühte, über diese recht offensichtliche Bedeutung hinauszudenken, kam der Kurs zu einem weiteren Schluss. Man war sich einig, dass diese Elemente auch sinnbildlich auf die Stetigkeit und Folgerichtigkeit der politischen Ereignisse rund um Augustus hindeuteten.
Weiter erschlossen sich die Schüler:innen, dass auch politische und in diesem Zusammenhang propagandistische Motive auf dem Panzer verewigt worden waren. So fanden sie Personifikationen der unterworfenen und tributpflichtigen Völker in Gestalt der links und rechts sitzenden trauernden Frauenfiguren. Auch die im Zentrum des Panzers abgebildete Szene ordneten sie der augusteischen Propaganda zu. Diese sehr zentrale Szene zeigt, wie ein parthischer König ein zuvor im Krieg verlorenes Feldzeichen an einen römischen Soldaten zurückgibt. Dies ist insofern als gelungener propagandistischer Schachzug zu betrachten, als dass an dieser Stelle einem der größten außenpolitischen Erfolge des Kaisers Respekt gezollt wird. Dass diese Szene von mehreren Gottheiten begleitet wird, zeigte aus Sicht der Schüler_innen erneut, dass das Geschehen göttlich gewollt und vorgegeben war.
Nach dieser ausgedehnten Besprechung der Augustusstatue neigte sich die Exkursion schon dem Ende zu. So bot sich zum Ende noch die Gelegenheit, abschließende Fragen zu stellen, bevor Herr Hofstätter seine Führung beendete und sich verabschiedete. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich die Exkursion in mehreren Hinsichten als Erfolg gestaltete. Da Herr Hofstätter in seinem Vortrag viele Punkte aufgegriffen hatte, die inhaltlich mit dem Stoff des ersten Halbjahres übereinstimmten, wurde das Kapitel der augusteischen Zeit damit gebührend abgerundet. Gleichzeitig hatte die vertiefte Analyse des Brustpanzers im Zuge des Vortrags zur Folge, dass den Schüler:innen die konkreten geschichtlichen Zusammenhänge noch einmal vor Augen gerufen wurden. Durch das schrittweise und sehr genaue Vorgehen wurde auch den kleinsten Details des Reliefs besondere Aufmerksamkeit zuteil. Dies trug letztendlich dazu bei, dass die Kursteilnehmer:innen umfassende Kenntnisse über die Augustusstatue von Primaporta und deren Hintergründe gewinnen konnten, was natürlich auch vor dem Hintergrund des noch zu absolvierenden Lateinabiturs zu betrachten ist. Denn da Augustus sowie das römische Reich unter seiner Herrschaft einen beliebten und oft abgefragten Themenbereich darstellen, ist der Kurs nun mit Hinblick auf das Abitur zu diesem Themenkomplex ausgezeichnet aufgestellt.
Leonie Pecka, Q12